Hygiene

Lebenssituation im Mittelalter

Im Mittelalter war es in Europa noch üblich, die Notdurft auch auf der Straße zu verrichten, Nachttöpfe wurden auf den Straßen ausgeleert, Marktabfälle (Pflanzenreste, Schlachtabfälle, Schlachtblut) blieben auf den Straßen und Plätzen liegen, häuslicher Unrat und Mist aus den Ställen der städtischen Tierhaltung wurde auf den Straßen gelagert, Schweine, Hühner und andere Haustiere liefen auf den Straßen frei darin herum, Niederschlagswasser durchfeuchtete und verteilte alles, all dies führte dazu, dass der Straßenschmutz und damit zusammenhängende Geruchsbelästigungen und Krankheitsausbreitung in den Städten überhandnahmen, wogegen Polizeiverordnungen erlassen wurden. Im späteren Mittelalter wurden dann neben städtischen Verordnungen zur Seuchenbekämpfung (vor allem nachdem der Schwarze Tod sich 1348 verbreitet hatte) bereits Verordnungen zur Reinhaltung von Straßen (so 1366 in Regensburg) oder zur Tötung von Tieren in Schlachthäusern (Augsburg, 1276) erlassen. Erst die Einführung der Kanalisation, städtischer Schlachthäuser und von Pflasterungen konnten den Schmutz und damit zusammenhängende Seuchen eindämmen.

Umsetzung in EU und Deutschland

Im deutschen Recht wurde das HACCP-Konzept erstmals mit der Lebensmittelhygiene-Verordnung von 1998 verankert. Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 der Europäischen Gemeinschaft sieht ebenfalls die Anwendung des HACCP-Konzeptes in allen Unternehmen, die mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln beschäftigt sind, verpflichtend vor.

Am 1. Januar 2006 trat das 2004 angenommene Hygienepaket der EU in Kraft. Hierin wird verordnet, dass nur noch Lebensmittel, die die HACCP-Richtlinien erfüllen, in der Union gehandelt und in die Union eingeführt werden dürfen.

Schon zuvor mussten alle Unternehmen, die Lebensmittel herstellen oder mit Lebensmitteln in irgendeiner Weise umgehen, ein HACCP-Konzept haben. Seit 2006 muss es in einer dokumentierten Version vorliegen. Bei großen Unternehmen mit vielen Gefahren und hohem Risikopotenzial sind ausführliche Aufzeichnungen vorgeschrieben, bei kleinen Unternehmen genügen Reinigungspläne, Verifizierungsnachweise oder Personalanweisungen.

Wichtig ist es, bei der Umsetzung der gesetzlichen Forderungen mit der Einführung der Guten Hygienepraxis (GHP) zu beginnen. Diese Vorbeugemaßnahmen (zum Beispiel Reinigungsprogramm, Schulungsprogramm, Schädlingsbekämpfung, Wareneingangskontrolle und Rohstoffpolitik) werden in Leitlinien von vielen Verbänden für die unterschiedlichen Berufsgruppen herausgegeben. Auf dieser Basis steht das Unternehmen und aus dem erzielten Erfolg ergibt sich das betriebsspezifische Restrisiko. Dieses muss entsprechend den Codex-Forderungen (s. o.) für jedes Unternehmen gesondert ermittelt werden. Hieraus ergeben sich möglicherweise kritische Kontrollpunkte, die verwaltet werden müssen. Die GHP allein ist noch kein HACCP-Konzept.

Definitionen & Aspekte 

Hygiene im weiteren Sinne ist die „Gesamtheit aller Bestrebungen und Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten und Gesundheitsschäden“. In diesem Sinne umfasst der Begriff der Hygiene verschiedene Bereiche, die sich zum Teil überschneiden, so Aspekte des Infektionsschutzes (wie zum Beispiel die Lebensmittelsicherheit, Wasserhygiene –insbesondere Trinkwasserhygiene und Abwasserbeseitigung), der Abfallentsorgung, der Umwelthygiene (wie Vermeidung von Umweltgiften in der Luft und im Boden), Arbeitsschutz, Bau- und Wohnhygiene sowie Sozial- und Psychohygiene.

Nach Max Rubner (1911) bedeutet Hygiene „die bewusste Vermeidung aller der Gesundheit drohenden Gefahren und die Betätigung gesundheitsmehrender Handlungen“. Auch gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezieht sich Hygiene auf Bedingungen und Handlungen, die dazu dienen, die Gesundheit zu erhalten und die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.

Medizinische Hygiene umfasst zahlreiche spezifische Präventionsmaßnahmen, die dem Infektionsschutz und damit dem Erhalt der Gesundheit dienen. So z. B. die klinische Hygiene, Reinhaltung der Umwelt, Sterilisation von Geräten, Trinkwasser- und Badegewässerkontrolle sowie sichere Entsorgung von medizinischem Abfall.

Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie reduziert den Begriff auf „Erkennung, Behandlung und Prävention von Infektionskrankheiten.

Das Fachgebiet Hygiene stellt die „Lehre von der Verhütung von Krankheiten und der Erhaltung, Förderung und Festigung der Gesundheit“ dar. Hygienefachpersonen werden allgemein als Hygieniker bezeichnet; in Deutschland bestehen Weiterbildungen zum Hygienebeauftragten und zur Hygienefachkraft.

Hygieneplan

Der Hygieneplan enthält schriftlich niedergelegte Verfahrensweisen zur Einhaltung und Gewährleistung bestimmter Hygiene-Standards, um Infektionen zu verhindern oder einzudämmen. Er beinhaltet auch die schriftliche Dokumentation durchgeführter Maßnahmen sowie konkrete Desinfektionspläne.

Hintergrund und Zielgruppen

Hintergrund und Zielgruppen

Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (§ 36) sind in Deutschland laut verfassungsmäßiger Zuordnung (Art. 83 und 84 Grundgesetz) die Länder verbindlich gefordert, die Maßnahmen zum Infektionsschutz umzusetzen. Neben dem IfSG ist die Biostoffverordnung zu befolgen, so dass Einrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser, Pflegeheime und Arztpraxen, aber auch andere Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Justizvollzugsanstalten, Hygienepläne erstellen und regelmäßig überprüfen bzw. aktualisieren müssen. Dies betrifft auch Gesundheitseinrichtungen, wie unter anderen Ambulante Pflege, Dialyse- und Entbindungseinrichtungen, Medizinische Fußpflege sowie Rettungs- und Transportdienste. Auch Einrichtungen und Unternehmen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass durch Tätigkeiten am Menschen durch Blut Krankheitserreger übertragen werden, können durch das Gesundheitsamt infektionshygienisch überwacht werden. Dies betrifft z. B. Piercing-, Tattoo-, Kosmetik- und Fußpflegeeinrichtungen. Der Länder-Arbeitskreis zur Erstellung von Hygieneplänen nach § 36 IfSG hat für alle Bereiche Rahmenhygienepläne erarbeitet.

Für Sportstätten (außer Schwimm- und Badeeinrichtungen) besteht zwar keine konkrete Forderung aus dem IfSG, dennoch gibt der Länder-Arbeitskreis Empfehlungen zur Hygiene.

Nach den gültigen Landesverordnungen können die innerbetrieblichen Verfahrensweisen zur Infektionshygiene weitgehend nach dem Ermessen der jeweiligen Einrichtung festgelegt werden, da das Gesetz keine Vorgaben enthält. Für Einrichtungen des Gesundheitswesens gelten jedoch weitere Bestimmungen, die im Hygieneplan berücksichtigt werden müssen. In der Regel verfügen Gesundheitseinrichtungen über Hygienebeauftragte, die unter anderem an der Erstellung und Aktualisierung von Hygieneplänen mitwirken.

Verfahren

Verfahrensweisen

Zu den im Hygieneplan festzulegenden Verfahrensweisen gehören je nach Einrichtung unter anderen: Basishygiene und spezielle Hygienemaßnahmen in Diagnostik, Pflege und Therapie sowie in bestimmten Funktions- bzw. hauswirtschaftlichen Bereichen, außerdem Regelungen zur Lebensmittel– und Wäscheversorgung, Entsorgung von Abfall, zum Ausbruchsmanagement sowie Meldepflicht bestimmter übertragbarer Infektionen, zur Aufbereitung von Medizinprodukten, zu Maßnahmen des Schädlings-Monitoring bzw. der Bekämpfung von Schädlingen, zum Umgang mit Haustieren, und zur mikrobiologischen Diagnostik.

Wird ein Muster-Hygieneplan verwendet, ist er an die individuellen Gegebenheiten der Einrichtung anzupassen. Die jeweiligen Arbeitsanweisungen folgen in der Regel einem Schema: Der Hintergrund der Maßnahme und die dazu notwendigen Voraussetzungen werden erläutert, die Maßnahme und ihre Nachbereitung beschrieben sowie mitgeltende Dokumente genannt. Außerdem wird für nachweispflichtige Tätigkeiten angegeben, wo die Durchführung der Maßnahme zu dokumentieren ist.

Reinigung & Desinfektion

Reinigungs- und Desinfektionsplan

Der Hygieneplan enthält Reinigungs- und Desinfektionspläne, die die Einzelheiten der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation in verschiedenen Strukturbereichen regeln. Ein für den jeweiligen Bereich maßgeblicher, aktueller Plan wird dort an gut einsehbarer Stelle angebracht. So befindet sich beispielsweise im Küchenbereich in der Regel ein anderer Reinigungs- und Desinfektionsplan als im Untersuchungsraum.

Der Desinfektionsplan enthält in Form einer Tabelle detaillierte Indikations-, Produkt- und Dosierangaben sowie Angaben zu erforderlichen Einwirkzeiten. Außerdem nennt er die für die einzelnen Maßnahmen jeweils verantwortlichen Berufsgruppen. In Gesundheitseinrichtungen mit sehr geringem Leistungsumfang kann der Reinigungs- und Desinfektionsplan die Minimalvariante eines Hygieneplans darstellen.

So enthält der Reinigungs- und Desinfektionsplan Angaben passend zum jeweiligen Einsatzbereich, beispielsweise bezüglich

  • Händehygiene (Händewaschen, Händedesinfektion, Hautschutz- und pflege, Gebrauch von Einmalhandschuhen)
  • der Aufbereitung von Medizinprodukten wie Instrumente, Geräte und Hilfsmittel für Untersuchung, Behandlung oder Pflege (z. B. in der zahnärztlichen Praxis rotierende und oszillierende Instrumente, Hand- und Winkelstücke, sowie Turbinen, Abformungen und 
  • zahntechnische Werkstücke)
  • Unterhaltsreinigung und Desinfektion von Flächen und Geräten, (z. B. im Küchenbereich die Arbeitsflächen, Außen- und Innenflächen von Schränken, insbesondere Kühl- und Gefrierschränken, Spülmaschinen)
  • Haut- und Schleimhautdesinfektion vor Injektion bzw. Punktion

Die im Plan aufgeführten Produkte zur Desinfektion müssen in der Desinfektionsmittelliste des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH) bzw. der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) aufgeführt sein.